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  61. Deutscher Juristentag in Karlsruhe 1996
Von Rechtsanwalt und Notar Dr. Bernhard Stüer, Lehrbeauftragter an den Universitäten Münster und Osnabrück, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Münster
(Auszug von Wolfgang Hirth; vollständiger Text bei http://home.t-online.de/home/stueer/djt61.htm )

... In den vorangegangenen Begrüßungsansprachen hatten mehr handfeste Probleme der juristischen Alltagsarbeit im Vordergrund gestanden. So zeigte sich etwa Bundesjustizminister Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig unzufrieden mit der technischen und finanziellen Ausstattung der Justiz und benannte auch die Adressaten seiner Forderungen. „Justiz ist vor allem Ländersache. Die Länder geben aber nicht etwa ein Drittel ihrer Haushalte für die dritte Gewalt aus, sondern gerade einmal 3,25 % - und dies, obwohl Bildung und Wissenschaft sowie Polizei und Justiz die Kernaufgaben der Länder im föderalen System sind", beklagte sich der Kieler Rechtsprofessor und fügte in Anspielung auf Vorkommnisse in Hessen fragend hinzu: „Entspricht es der Aufgabenverteilung im föderalen System des GG, wenn die Länder sich um Entwicklungshilfeprojekte kümmern, alternative Wohnformen fördern oder Kommunikationszentren mitfinanzieren, während ihre Justiz Häftlinge wegen überlanger Haftdauer entlassen muß? Darf eine Körperschaft den Kernbereich ihrer Pflichtaufgaben vernachlässigen und statt dessen freiwillige Aufgaben finanzieren?" Die Entlastung der Justiz werde im übrigen zu sehr unter dem Blickwinkel der leeren Kassen erörtert. Dagegen komme es vielmehr auf Entbürokratisierung und auf verbesserte Arbeitsabläufe an.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes Rainer Voss hatte am Rande des Juristentages in Saarländischen Rundfunk eine bessere Ausstattung für die Justiz eingefordert und die Alarmglocken geschlagen: „Der Justiz steht das Wasser bis zum Hals. Die Gerichte brauchen vor allem moderne Bürotechnologie, um die Verfahren beschleunigen zu können."

Die von seinem Bonner Amtskollegen ausgebrachte Kritik ließ der Düsseldorfer Justizminister Fritz Behrens allerdings in einem DPA-Interview nicht gelten. Die Überlastung der Gerichte werde vor allem durch neue Bundesgesetze bewirkt. Bonn müsse daher durch eine Justizreform die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine effektive Arbeit der Gerichte sicherstellen. Das Land NW stelle der Justiz bis zum Jahre 2003 immerhin fast 500 Mio. DM für moderne Elektronik, die Einführung von Managementmethoden und einen „fast revolutionären Umbau der Arbeitsabläufe" zur Verfügung.
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