Der Personalbedarf für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger soll nach dem Willen der Justizministerkonferenz auf einer neuen Grundlage ermittelt werden. Eine mit den Vorbereitungen bundeseinheitlicher Bewertungsmethoden und gegebenenfalls Bemessungsformeln beauftragte Arbeitsgruppe (Vorsitz: Baden-Württemberg) ist nach Prüfung verschiedener Lösungsansätze zu dem Ergebnis gekommen, dass allein durch eine von einem externen Unternehmen durchzuführende Analyse der Arbeitsmengen und -zeiten eine geeignete Basis für neue Bewertungszahlen gefunden werden könne.
Die Justizministerkonferenz hat die Durchführung einer solchen externen Untersuchung inzwischen beschlossen. Auf der Basis der nachfolgend (unwesentlich gekürzt) wiedergegebenen Leistungsbeschreibung sind interessierte Unternehmen eingeladen worden, Angebote für die Durchführung der Untersuchung abzugeben (siehe auch DRiZ 1999, 429). 

Leistungsbeschreibung für die Erarbeitung eines Systems der Personalbedarfsberechnung für den richterlichen, staats-(amts-)anwaltschaftlichen und Rechtspflegerdienst in der ordentlichen Gerichtsbarkeit 
1. Einführung 
Die bisherigen Systeme der Personalbedarfsberechnung in der Justiz werden schon seit einiger Zeit intern und extern aus vielerlei Gründen in Frage gestellt. Die Konferenz der Justizminister und -senatoren hat deshalb beschlossen, die Systeme auf eine neue (analytische) Grundlage zu stellen. 
2. Untersuchungsgegenstand 
Untersuchungsgegenstand ist der Arbeitsanfall im richterlichen, staats-(amts-)- anwalschaftlichen und Rechtspflegerdienst bei den Amtsgerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten, Generalstaatsanwaltschaften und Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten. Dabei ist den Grundsätzen der richterlichen Unabhängigkeit, den Besonderheiten des Legalitäts- und Opportunitätsprinzips der Staatsanwaltschaften und der sachlichen Unabhängigkeit der Rechtspfleger sowie den einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen. 
3. Untersuchungsfelder 
Die Untersuchung soll in repräsentativen Gerichten und Staatsanwaltschaften erfolgen, damit der unterschiedlichen Struktur der Gebiete (städtischer Ballungsraum, ländlicher Bereich) und der unterschiedlichen Größe und Ausstattung der Gerichte Rechnung getragen wird. Die Auswahl der einzubeziehenden Gerichte soll auf der Basis repräsentativer Kriterien geschehen, um die spätere Akzeptanz der Untersuchungsergebnisse zu erhöhen. 
Die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen sind entsprechend der Größe dieser Länder mit einer angemessenen Anzahl von Gerichten und Staatsanwaltschaften in die Untersuchung einzubeziehen, darüber hinaus Gerichte und Staatsanwaltschaften von zwei bis drei weiteren Ländern. Bei der Auswahl der Gerichte und Staatsanwaltschaften dieser Länder soll berücksichtigt werden, dass Untersuchungsstandorte auch zumindest in einem der neuen Bundesländer liegen. 
Es wird davon ausgegangen, dass sich eine repräsentative Auswahl bei etwa 25 - 30 Amts- und Landgerichten, 3 - 4 Oberlandesgerichten, 10 - 15 Staatsanwaltschaften und 2 - 3 Generalstaatsanwaltschaften ergibt. 
Der Auftragnehmer hat hierzu einen fundierten Vorschlag zu unterbreiten. 
4. Ziel der Untersuchung 
Die Untersuchung dient der Erarbeitung eines fortschreibungsfähigen Systems der Personalbedarfsberechnung im richterlichen, staats-(amts-)anwaltschaft-lichen und Rechtspflegerdienst der ordentlichen Gerichtsbarkeit. 
Das System muss eine objektive Grundlage liefern; nur dadurch können die Bewertungszahlen ihre Glaubwürdigkeit, Überzeugungs- und Durchsetzungskraft u. a. gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber entfalten. 
Das System muss ferner transparent und nachvollziehbar sein, um eine ausreichende Akzeptanz bei der Richterschaft, den Staats-(Amts-)anwälten und den Rechtspflegern zu gewährleisten. 
Zu ermitteln sind Durchschnittswerte des für die Erledigung von einzelnen Verfahrensarten erforderlichen Zeitaufwands. Hierbei sollten auch die Überlegungen der Arbeitsgruppe "Neues Haushaltswesen" zur Einteilung der verschiedenen Verfahren in Verfahrenstypen (=Produkte) mit einbezogen werden. Die Untersuchung soll einen praktikablen Weg aufzeigen. Sie soll aufgrund eines analytischen Berechnungsverfahrens erfolgen, und zwar vorrangig durch Selbstaufschreibungen; hilfsweise kann in Abstimmung mit dem Auftraggeber auf Schätzungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Aktenanalysen und Interviews zurückgegriffen werden. Die Erhebungen werden durch Plausibilitätskontrollen, für die Vorschläge erwartet werden, ergänzt. 
Die Ermittlung des Zeitaufwandes kann auf einzelne Verfahrensarten beschränkt bleiben. Eine zwingende Notwendigkeit, allen Verfahrensarten einen Zeitfaktor zuzuordnen, wird nicht gesehen. Vielmehr dürfte es ausreichen, im Rahmen einer sog. ABC-Analyse allein auf diejenigen Verfahrensarten abzustellen, die den wesentlichen Teil der Gesamtaufgaben ausmachen. 
Gegebenenfalls können auch einzelne Verfahrensarten weiter nach Arbeitsschritten und/oder Zeitklassen untergliedert werden. 
Das Gutachten soll aufgrund der Erkenntnisse der Untersuchung insbesondere folgende Aussagen enthalten: 
  4.1 Beschreibung des "Ist-Bestandes" (soweit zum Verständnis von Soll-Vorschlägen erforderlich) zurzeit der Untersuchung unter Berücksichtigung der aufgeführten Untersuchungsfelder 
  4.2 Darstellung von fortschreibungsfähigen Berechnungsgrundlagen für ein System der Personalbedarfsberechnung im richterlichen, staats-(amts)anwaltschaftlichen und Rechtspflegerdienst der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf der Grundlage der Verbesserungsvorschläge 
    4.2.1 Es muss ersichtlich sein, von welchen Faktoren (z. B. Fallzahlen, Beständen, Tätigkeiten, etc.) der Personalbedarf abhängig und welche unabweisbare Grundausstattung an Personal erforderlich ist, die von veränderlichen Faktoren unabhängig ist 
    4.2.2 Es muss im Einzelnen erkennbar sein, welche personalwirtschaftlichen Veränderungen - bezogen auf die einzelnen Gerichte und Staatsanwaltschaften - gegenüber dem Ist-Personalbestand zum Stichtag vorgeschlagen werden 
    4.2.3 Beruht die Personalbedarfsberechnung auf bestimmten Annahmen über die Änderung gesetzlicher, organisatorischer oder sonstiger Vorgaben (Zentralisierung von Aufgaben, Ein- oder Ausgliederung anderer Bereiche, Einsatz von IuK-Technik usw.), so muss angegeben werden, welche Zu- oder Abschläge für den Fall zu machen sind, dass sich diese Voraussetzungen nicht oder nur zu einem späteren Zeitpunkt verwirklichen lassen 
    4.2.3 Ergeben sich Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, etwa bei der Struktur der zu erledigenden Arbeitsaufgaben oder bei der wöchentlichen Arbeitszeit, sind entsprechende Auf- und Abschläge zu ermitteln 
5. Durchführung der Untersuchung 
  5.1 Der Auftragnehmer hat die Untersuchung nach den neuesten Erkenntnissen über Organisation, Wirtschaftlichkeit und Technik durchzuführen. Er ist verantwortlich für die sachgerechte Vorgehensweise einschließlich der Auswahl von Methoden und Techniken. Unbeschadet der Verpflichtung zur engen Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber ist der Auftragnehmer im Übrigen bei der Gestaltung seiner Tätigkeit frei. 
  5.2 Der Auftragnehmer stellt für die Planung und Durchführung der Untersuchung eine Projektorganisation zur Verfügung, die über Kenntnisse der gesetzlichen Verfahrensvorschriften und Erfahrungen im Justizbereich verfügen soll. 
  5.3 Für die Durchführung der Untersuchung hat der Auftragnehmer zu Beginn einen Arbeits- und Terminplan aufzustellen und diesen mit dem Auftraggeber abzustimmen. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, den Arbeits- und Terminplan dem tatsächlichen Fortschritt anzupassen und gegebenenfalls zu detaillieren. 
  5.4 Der Auftragnehmer ist verpflichtet, den Auftrag mit eigenen Kräften durchzuführen. Andere Firmen und Personen dürfen - auch für Teilleistungen - nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers herangezogen werden. Die Heranziehung Dritter lässt die Haftung des Auftragnehmers unberührt; sie ist insbesondere nicht auf ein Verschulden bei der Auswahl des Dritten beschränkt. 
  5.5 Der Auftragnehmer ist verpflichtet, dem Auftraggeber die Mitarbeiter, die im Rahmen des Auftrags tätig werden sollen, deren Qualifikation und vorgesehenen Tätigkeitsbereich vorher zu benennen. Sofern der Auftraggeber der Beschäftigung nicht zustimmt oder eine ausgesprochene Zustimmung widerruft, dürfen die betroffenen Mitarbeiter nicht - bzw. nicht länger - eingesetzt werden. 
  5.6 Der Auftragnehmer stellt dem Auftraggeber den Untersuchungsbericht unabhängig von der schriftlichen Vorlage des Untersuchungsergebnisses auch in elektronisch gespeicherter Form zur Verfügung. 
6. Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und Projektsteuerung 
  6.1 Der Auftragnehmer ist verpflichtet, den Auftrag in ständigem Kontakt und in enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber durchzuführen und diesen laufend über den Fortgang der Arbeiten und über die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungsphasen in angemessener Weise zu unterrichten. Der Auftragnehmer ist insbesondere zu Beginn der Untersuchung über den gedachten Verlauf zu informieren. Die einzusetzenden Prüfungsmethoden und -instrumente sind mit ihm abzustimmen. Durch Zwischenberichte ist er in angemessen Zeitabständen über den Verlauf der Untersuchung zu informieren. Er kann Anregungen sowie Empfehlungen für den weiteren Verlauf der Untersuchung geben und erörtert mit dem Auftragnehmer den Entwurf des Gutachtens ("Schlussbesprechung"). 
  6.2 Projektbegleitender Lenkungsausschuss 
Für die Durchführung der Untersuchung wird der Auftraggeber einen Lenkungsausschuss einrichten. Dieser begleitet die laufenden Arbeiten der Untersuchung durch regelmäßige Besprechungen mit dem Projektleiter und den Mitarbeitern des Auftragnehmers; er wirkt darauf hin, dass die Zielsetzung der Untersuchung eingehalten wird, erteilt die hierzu erforderlichen Auskünfte und Hinweise und berät die von dem Auftragnehmer bei der Durchführung der Untersuchung beauftragten Personen während der Untersuchung. Über Besprechungs- und Präsentationstionstermine werden zwischen Arbeitsgruppe und Auftragnehmer im Laufe der Untersuchung entsprechend dem Arbeits- und Terminplan Vereinbarungen getroffen. 
  6.3 Arbeitspapiere und Gutachten 
Im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber hat der Auftragnehmer die Zwischenergebnisse der einzelnen Abschnitte der Untersuchung in Arbeitsfortschrittspapieren zu dokumentieren und diese mit dem Auftraggeber zu erörtern. Sie dienen gleichzeitig der Vorbereitung des Gutachtens. 

 Der Auftragnehmer hat die Arbeitsfortschrittspapiere und die übrigen Untersuchungsergebnisse zu einem Gutachtenentwurf zusammenzufassen, der dem Auftraggeber in 40 Exemplaren vorzulegen ist. 

 Nach Vorlage des Gutachtenentwurfs stellt sich der Auftragnehmer einer eingehenden Erörterung mit dem projektbegleitenden Lenkungsausschuss. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Erörterung erstellt der Auftragnehmer sein endgültiges Gutachten, das in 50 Exemplaren vorzulegen ist. 

 Im Gutachtenentwurf und im Gutachten sind die angewandten Organisationsmethoden und -techniken anzugeben. Der Auftragnehmer hat ferner seine Vorschläge im Einzelnen zu nennen und zu begründen sowie - soweit notwendig und möglich - durch Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Nutzwertanalysen oder andere geeignete Methoden zu belegen. Sie müssen so dargestellt werden, dass sie nachvollziehbar sind. Der "Ist-Zustand" ist in einer Anlage zum Gutachten umfassend zu dokumentieren. 

 © 1999 Deutscher Richterbund