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Stellenkegel
Ungerechte Stellenstreichung 2000
(zum Bericht des Haushaltsausschusses in Bürgerschaftsdrucksache 16/3400)

In Zeiten der Einsparungen ist der Justizhaushalt 2000 gestiegen. Doch woran liegt das? Die Senatsvertreter berichteten, die leichte Erhöhung des Justizhaushalts resultiere "vor allem aus Mehrbedarfen im Sachhaushalt aufgrund gestiegener Gefangenenzahlen sowie aus höheren Portokosten im Mahnverfahren und ansteigender Kosten in Betreuungsangelegenheiten". Demgegenüber seien im Personalhaushalt bei Gerichten und StA ca. 100 Stellen und im Strafvollzug ca. 25 Stellen einzusparen.

Die CDU-Abgeordneten kritisierten die Schlechterstellung der Justiz gegenüber z.B. der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung: jene Behörde habe mehr als dreimal soviel Stellen wie die Justiz und müsse bei 17.000 Stellen nur für 6 Mio. DM Personal einsparen, während die Justizbehörde bei nur 5.000 Stellen für 8,8 Mio. DM Personal einsparen müsse.

Die Senatsvertreter rechtfertigten dies damit, dass die Justizbehörde bereits weitgehend ein Schonbereich sei. Auch bei Streichung von Stellen für Richter und StA'e bleibe die Rechtsgewährung sichergestellt, zumal die hamburgischen Richter im Bundesvergleich nicht übermäßig belastet seien.

Kommentar:

Es ist offensichtlich, dass die Rechtfertigung seitens der Senatsvertreter nicht trägt. Die Erklärung der Justiz zum Schonbereich rechtfertigt doch keine überproportionale Stellenstreichung bei der Justiz.

Dass die Stellenstreichung bei der Justiz überproportional ist, läßt sich nicht nur gegenüber der Schulbehörde, sondern auch insgesamt belegen:
Der Anteil der Justiz an den gesamten Hamburger Stellenstreichungsverpflichtungen beträgt 10 % (7.480 TDM/76.714 TDM), das ist ein deutlich höherer Anteil, als er dem Anteil der Justiz am Hamburger Personalhaushalt entspricht.

Nun könnte man das vielleicht vertreten, wenn die Justiz sich in der Vergangenheit mit Stellen vollgesogen hätte. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Richter arbeiten auch in Hamburg schon seit vielen Jahren über dem nach dem Bundespensenschlüssel bemessenen Soll. Dass im Bundesvergleich die Hamburger Richter (in einzelnen Bereichen) nicht stärker belastet sind als die Richter im Bundesdurchschnitt, besagt gar nichts, denn auch in den anderen Bundesländern wird den Richtern eine Überlast zugemutet. Alle bisherigen Bundesjustizminister (auch die jetzige! - vergleiche Hirth, MHR 1/98 Seite 30) haben alle Länder immer wieder ermahnt, ihre Justiz angemessen auszustatten.

Erinnert sei auch an die Entscheidung BVerfG vom 17.11.99, die die Länge eines Verfahrens vor dem HansOLG Hamburg für verfassungswidrig erklärt hatte und dabei darauf hinwies, dass auch Hamburg seine Justiz mit genügend Richtern auszustatten hat.

Doch nicht nur gegenüber anderen Bereichen ist die Mittelverteilung ungerecht. Auch innerhalb der Justiz liegt es bei der Mittelverwendung im Argen und werden die Gerichte zugunsten anderer, politisch interessanterer Bereiche zusätzlich ausgemergelt (vgl. näher Hirth, MHR 1/98, 26 f.).

Darüber hinaus glaubt man, bei bestehendem Personalmangel weiteres Personal streichen zu sollen, wenn zusätzliche Sachmittel eingesetzt werden: "Durch IUK-Technik bewirkte, geplante Stellenstreichung 2000: ... Justizbehörde 4 Stellen ... Eine Kausalität der wegfallenden Stellen zu den IUK-Investitionen ist gegeben." (Drucksache 16/3400 Anlage 1 A 63)

Und schließlich werden innerhalb der Justizbehörde überproportional viele Richterstellen gestrichen: von den für das Jahr 2000 ausgewiesenen Kostenangaben für Stellenstreichungen in der Justiz entfallen 40 % auf Richterstellen (Drucksache 16/3230 Seite 11: 1.997 von 5.017 TDM); diese Quote ist deutlich höher als der Anteil der Richterkosten am Personalhaushalt der Justizbehörde.

Nur schade ist, dass dem Haushaltsgesetzgeber Argumente einerlei sind. Warten wir also auf die nächste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur mangelnden Gerichtsausstattung in Hamburg.

Wolfgang Hirth