(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/05, 17) < home RiV >

Eine Lanze für die Pressefreiheit

 

Das BVerfG räumt endlich auf mit der gerichtlichen Billigung hoheitlicher Tugendwacht. Der 1. Senat des BVerfG hat einen ungewöhnlich lange und zäh hingezogenen Rechtsstreit jetzt zugunsten der Berliner Wochenzeitung „Junge Freiheit“ entschieden:

 

Diese war, wie in den MHR 2003 Heft 1 (S. 16 ff: Kuratel und Subventionen) und 4 (S. 36 ff Kultur als Machtfrage) berichtet, vom Düsseldorfer Verfassungsschutz als politisch verdächtiges Objekt auf den Index gesetzt worden, was vom VG Düsseldorf und OVG Münster mit recht dürftigen Gründen für rechtens erklärt worden war. Nun hat der 1. Senat des BVerfG (BE Prof. Hoffmann-Riem) Remedur geschaffen und den Düsseldorfer Eiferern einiges zum Thema Presse- und Meinungsfreiheit ins Stammbuch geschrieben. Vielleicht hätte es in der Konsequenz der Prämisse gelegen, nicht nur die Gerichtsentscheidungen, sondern zugleich auch die beiden fraglichen (formal allein angefochtenen) Verfassungsschutzberichte für verfassungswidrig zu erklären; aber in jedem Falle ist nun ein kräftiger Luftzug in die Atmosphäre stickiger Bevormundung hineingefahren, die sich von Düsseldorf über NRW und weiter hinaus verbreitet hatte. Ganz unabhängig davon, wie man zum Machtwechsel in NRW sonst steht: Im allgemeinen, parteiübergreifenden Staats- und Gesellschaftsinteresse an geistiger Freiheit kann man nur hoffen, dass mit der Rückendeckung aus Karlsruhe die neue Landesregierung sich nun aufrafft, dem anmaßenden Treiben ihres Amtes ein energisches Ende zu setzen und den Verfassungsschutz auf das zu beschränken, wozu er da ist.

 

Der Beschluss des BVerfG vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - wird demnächst in der NJW nachzulesen sein, voraussichtlich Anfang Oktober d.J. im Heft 40/05, nebst einer kurzen Anmerkung.

 

Günter Bertram