(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 1/07, 15) < home RiV >


Antwort auf Hirth, MHR 4/2006, 11

„Geld ist da!“

 

In Heft 4 der Mitteilungen des Hamburgischen Richtervereins befindet sich auf der Seite 11 der Artikel „Geld ist da“, in welchem der Verfasser die schlechte Situation der Justiz, die Einsparmaßnahmen und die gleichzeitigen Investitionen des Senats in andere Projekte beklagt.

Einsparungen sind immer spürbar und mit gewissen Nachteilen verbunden. Aus diesem Grunde ist es verständlich, dass solche Verpflichtungen auch Ärger oder Unverständnis hervorrufen. Es ist richtig, dass das Arbeitspensum der Justiz hoch ist. Es wird vom Verfasser übersehen, dass die Hamburger Justiz und insbesondere die Hamburger Richterschaft eine der am besten ausgestattetsten und leistungsfähigsten im Vergleich mit den anderen Bundesländern ist.

Die Qualität und Verfahrensdauer der Hamburger Gerichte kann sich daher durchaus sehen lassen. Die Verfahrensdauer liegt regelmäßig unter dem Durchschnitt und die Leistung wird von Anwälten und Streitparteien als gut bis sehr gut bewertet. So ist zum Beispiel die Kammer für Handelssachen aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit so begehrt, dass die Streitparteien regelmäßig hier den Gerichtsstand vereinbaren. Es ist daher kein Zufall, dass – wie der Verfasser selbst eingestehen muss – die vom Europäischen Gerichtshof wegen überlanger Verfahrensdauer gerügten Fälle nicht aus Hamburg stammen.

Die Hamburger Justiz ist so modern wie sonst keine andere. Diese Modernität bringt ihr Arbeitserleichterungen und damit auch eine Zeitersparnis, die es ermöglicht, im Rahmen des neu eingerichteten gemeinsamen Mahngerichtes gleich die Mahnverfahren für das Land Mecklenburg-Vorpommern mit zu erledigen. Aufgrund der Automatisierung wird die gestiegene Zahl der Mahnverfahren problemlos bewältigt.

Ein Blick über die Landesgrenzen hinweg ist oft hilfreich. In Berlin zum Beispiel ist es üblich, dass sich die Richter ein Büro zu zweit teilen und – sofern überhaupt ein solcher vorhanden ist – auch einen Computer.

 

Die Justiz konnte in der Vergangenheit in Anbetracht der Haushaltslage nicht von Einsparmaßnahmen ausgenommen werden. Das muss aber auch so sein, da sich diese Verpflichtung an alle richtet. Dennoch sind die Einsparungen moderat und insbesondere nachweislich moderater als beim Vorgängersenat.

 

So werden insbesondere freie Richterstellen inzwischen unverzüglich neu besetzt. Längere Vakanzen oder gar einen Einstellungsstopp gibt es nicht mehr.

 

Vom Vorgängersenat wurden in den ca. fünf Jahren von 1996 bis 2001 im Bereich der ordentlichen Gerichte 267 Stellen im Rahmen der früheren Konsolidierungsprogramme gestrichen, obwohl die Eingangszahlen im Jahr 1996 insgesamt bei rund 1.056.000 Verfahren lagen.

 

Hiergegen nimmt sich eine Reduzierung der Stellen seit dem Jahr 2001[1] um weitere 62 vergleichsweise gering aus, zumal hierbei die Streichung von 42 Stellen auf der Erhöhung der Arbeitszeit sowie auf Stelleneinsparungen in den Gerichtsverwaltungen beruht. Die Streichung von insgesamt 8 Richterstellen ist aufgrund der rückläufigen Eingangsentwicklung außerhalb des Mahnverfahrens als moderater Solidarbeitrag gegenüber anderen Politikfeldern zu betrachten.

 

Nur durch die momentane Politik gibt es erstmals wieder einen strukturell ausgeglichenen Betriebshaushalt. Sogar das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum Länderfinanzausgleich vom 19.10.06[2] dem Land Hamburg bestätigt, dass es vernünftig wirtschaftet.

 

Der Hinweis, dass die Stadt zu den Investitionen, die sie vornimmt, nicht verfassungsrechtlich verpflichtet ist, ist müßig. Ein Land oder auch eine Stadt muss Investitionen auf lange Sicht planen. Hierbei müssen viele Faktoren berücksichtigt werden, wie z.B. die demografische Entwicklung und die wirtschaftliche wie allgemeine Attraktivität der Stadt.

 

So ist es doch wohl nicht ernsthaft zu beanstanden, dass Hamburg beabsichtigt, durch den Kauf von Airbus-Anteilen den Wirtschaftsstandort und insbesondere hunderte von Arbeitsplätzen zu sichern.

 

Es ist richtig: Hamburg lässt sich seine Initiative „Lebenswerte Stadt“ 90 Mio. € kosten. In einer Großstadt wie Hamburg gibt es Stadtteile, in denen soziale Probleme besonders offensichtlich sind und einander häufig bedingen. Bei dieser Initiative handelt es sich um eine stadtweite Bildungs- und Quartiersoffensive, die bessere Bildungsvoraussetzungen und intensivere Hilfe in schwierigen Lebenssituationen für die Bewohner benachteiligter Stadtteile schafft. So wird verhindert bzw. der Entwicklung entgegengewirkt, dass sich in bestimmten Quartieren soziale Brennpunkte bilden, weil dort durch die Folgen wirtschaftlicher Umstrukturierungen soziale Probleme auftreten. Diese Initiative bietet den Menschen wieder Perspektiven.

 

Ein wichtiger Bestandteil dieser Initiative ist die Stärkung der vorschulischen und schulischen Bildung der Kinder dieser Stadtteile. Hierzu gehört insbesondere die ausgeweitete, verpflichtende Sprachförderung. Dadurch dass sich den Kindern hiermit Perspektiven eröffnen, wird ein überaus wichtiger Beitrag für die Zukunft geleistet, von dem auch die Gerichte indirekt profitieren. Denn ein Kind mit Perspektiven und einem Lebensplan und ohne erhebliche Sprachprobleme wird niemals so leicht in die Straffälligkeit abrutschen. Die Stadt übernimmt hiermit die notwendige Verantwortung für ihre Bürger.

 

Ich vermag beim besten Willen keine Überflüssigkeit dieses Projektes erkennen. Es ist gut, dass in solche Projekte investiert wird. Eine solche Investition ist eine Investition in die Lebensqualität aller Menschen unserer Stadt, die letztlich uns allen zu gute kommen wird.

 

Für die weiteren aufgelisteten Projekte gilt insbesondere: Ein Land kommt nicht ohne Investitionen für die Zukunft aus. Hieran ändern auch die generellen Einsparverpflichtungen nichts. Der Haushalt eines Bundeslandes muss vielen Forderungen und Bedürfnissen gerecht werden. Bei Hamburg befinden sich die Einnahmen und Ausgaben – wie vom BVerfG bestätigt – in einem vernünftigen Verhältnis.

 

Dennoch schafft es Hamburg gleichzeitig, seine Justiz zur modernsten und leistungsfähigsten zu machen. Lange Verfahren – von wenigen Ausnahmen abgesehen – sind hier nicht die Regel.

 

Auch der Rechnungshofbericht 2007 bestätigt nun die konsequente Sparpolitik des Senats zur Konsolidierung des Hamburger Haushalts. Die Finanzpolitik der vergangenen fünf Jahre brachte die Stadt bereits ein erhebliches Stück voran auf dem Weg zu dem angestrebten Ziel eines Haushalts ohne neue Schulden. Der strukturelle Ausgleich des Betriebshaushalts wurde bereits 2005 erreicht. Die Neuverschuldung wird kontinuierlich reduziert, so dass Hamburg bereits in einem überschaubaren Zeitraum völlig ohne neue Kredite auskommen wird, um künftige Generationen nicht noch mehr zu belasten. Eine generelle Benachteiligung der Justiz bei gleichzeitiger Bevorzugung anderer Projekte – wie der Beitrag, auf den hier Bezug genommen wird, darzustellen versucht – gibt es in Hamburg nicht.

 

Viviane Spethmann[3]


[1] Anm. d. Redaktion: zur Stellenentwicklung 1993-2005 vgl. MHR 3/2005, 9

[2] Az: 2 BvF 3/03 – DÖV 2007, 30

[3] rechtspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion


Nachträgliche Anmerkung des Homepage-Betreuers:

Auf diesen Artikel wurde erwidert von Schaberg, MHR 2/2007, 9